Full Dynamic Range Tools
Tonemapping und Nachbearbeitung
Copyright © 2002-2009 Andreas Schömann

Tonemapping allgemein

Der auf einem normalen handelsüblichen Monitor darstellbare bzw. nutzbare Dynamikumfang beträgt etwa 1:250 (8-Bit-Darstellung) und entspricht dem Dynamikumfang von normalen Bildern mit geringem Dynamikumfang oder auch LDRIs (low dynamic range images). Der Dynamikumfang von HDR-Bildern liegt je nach dem Dynamikumfang der abgebildeten Szene aber oft um ein Vielfaches darüber.

Um ein HDR-Bild auf einem normalen Monitor wiederzugeben, bedarf es also noch eines weiteren Schrittes, in dem der Dynamikumfang des HDRIs auf 8 Bit reduziert wird. Statt der früher häufig verwendeten sog. Clipping-Technik, bei der einfach neben einem optimalen 8-Bit-Bereich der restliche Dynamikumfang abgeschnitten wurde, haben sich mittlerweile Verfahren durchgesetzt, bei denen der Dynamikumfang der Aufnahme mit Hilfe eines mathematischen Verfahrens komprimiert wird. Im englischen Sprachgebrauch wird diese Technik auch als tone mapping bezeichnet. Diese Bezeichnung wird mittlerweile auch im Deutschen sehr oft verwendet.

Globale und lokale Verfahren

Es gibt nicht ein Tonemapping-Verfahren, sondern es gibt deren viele. Die meisten der Verfahren wurden mit dem Ziel entworfen, die visuellen Empfindungen des menschlichen Auges nachzuahmen. Aktuell wird immer noch an diesen Dingen geforscht. Die Tonemapping-Verfahren können grob in zwei Kategorien unterteilt werden, globale und lokale. Bei den globalen Verfahren wird die Dynamikkompression in einer vergleichsweisen einfachen Art und Weise vorgenommen. Bei den lokalen Verfahren versucht man die finale Lichtintensität eines Punktes unter Berücksichtigung der Lichtintensitäten der benachbarten Bildpunkte zu bestimmen. Die lokal arbeitenden Tonemapping-Verfahren kommen der Arbeitsweise des menschlichen Auges sehr nahe, sind dafür aber meist sehr viel rechenintensiver und entsprechend langsamer.

Natürliches und kreatives Tonemapping

Im allg. wird man bestrebt sein, den natürlichen Eindruck einer Bildszene auch im Endergebnis einer digitalen Nachbearbeitung wiederzugeben. Die gewählten Umsetzungen der Tonemapping-Verfahren erlaubt allerdings oft auch ein künstlerisch-kreatives Arbeiten. Nachfolgend finden Sie zur Illustration eine Bildszene, die links in einer natürlichen und rechts in einer dramatisierenden und verfremdeten Art bearbeitet wurde.

     
  Abb. 1: Tonemapping natürlich und dramatisierend  

Die kreativen und dramatisierenden Verfremdungsmöglichkeiten sind eine besondere Eigenheit der lokalen Tonemapping-Verfahren.

Tonemapping und Panoramafotografie

HDR-Fotografietechniken und entsprechend auch Tonemapping-Verfahren werden sehr häufig auch bei der Panaromafotografie angewendet. Speziell bei der Nutzung von lokalen Tonemapping-Verfahren ist zu beachten, dass eine Software auch die genaue Art des Panoramas bei dem Tonemapping unterstützen muss, soll es nicht in den Randbereichen zu Fehlbelichtungen kommen.

Tonemapping in den FDRTools

In den FDRTools sind drei verschiedene Tonemapping-Verfahren implementiert. Zwei davon sind global arbeitende Verfahren und ein Verfahren ist ein lokal arbeitendes Verfahren mit Namen Compressor. Dieses Tonemapping-Verfahren ist sehr leistungsfähig und erlaubt die Erzeugung natürlich-brillanter Endergebnisse mit einer hohen Detailschärfe. Natürlich eignet es sich auch hervorragend für die kreativen Aspekte der HDR-Fotografie.

Sie können zwischen den Verfahren umschalten, indem Sie im Bearbeitungsmodus "Tone Mapping" die Reiterkarten Simplex, Receptor, oder Compressor auswählen.

TM-Methode Simplex

Simplex setzt den einfachst denkbaren Tonemapping-Algorithmus um: das HDR-Bild wird nur logarithmiert. Dabei werden lokaler Kontrast und die Details zwar abgeschwächt, dafür arbeitet das Verfahren schnell. Es eignet sich um einen Überblick über die Szene zu bekommen und kann beim Editieren des HDR-Bildes, beispielsweise beim manuellen Ausrichten, sinnvoll genutzt werden.

   
  Abb. 2: Der Simplex-Dialog  

Schalter 'Vorgaben'
Setzt alle Parameter auf ihre Vorgabewerte zurück.
Nachbearbeitung
Dialog Kurve
Mit den beiden vorgegebenen Punkten können Schwarzpunkt und Weisspunkt eingestellt werden. Über die Angabe weiterer Punkte kann das Tonwertspektrum mit einer Kurve individuell angepasst werden.
Regler 'Sättigung'
Hiermit kann die Farbsättigung verändert werden.


TM-Methode Receptor

Receptor funktioniert ähnlich wie Simplex, d.h. das HDR-Bild wird durch Logarithmieren komprimiert. Die Komprimierung ist hier jedoch etwas intelligenter, da die Stärke der Komprimierung sich nach der Intensität des Pixels richtet, Lichter werden dabei stärker komprimiert als Schatten.

   
  Abb. 3: Der Receptor-Dialog  

Schalter 'Vorgaben'
Setzt alle Parameter auf ihre Vorgabewerte zurück.
Tonemapping
Schalter Kompression
Reguliert die Dynamikkompression.
Schalter Helligkeit
Reguliert die Bildhelligkeit.
Nachbearbeitung
Dialog Kurve
Mit den beiden vorgegebenen Punkten können Schwarzpunkt und Weisspunkt eingestellt werden. Über die Angabe weiterer Punkte kann das Tonwertspektrum mit einer Kurve individuell angepasst werden.
Regler 'Sättigung'
Hiermit kann die Farbsättigung verändert werden.


TM-Methode Compressor1

Der Compressor-Algorithmus funktioniert wie folgt: die Intensität eines jeden Pixels wird individuell geregelt, und zwar in Abhängigkeit von der Intensität der benachbarten Pixel. Unterscheiden sich benachbarte Pixel stark in ihrer jeweiligen Intensität, bspw. in der Umgebung einer Lichtquelle, werden diese Differenzen stark abgeschwächt. Bei kleineren Differenzen, etwa in schattigen Bereichen, wird kaum abgeschwächt, evtl. wird die Differenz auch vergrössert. Im Ergebnis wird der Dynamikbereich des HDR-Bilds stark verringert bei gleichzeitiger Bewahrung lokaler Tonwertdifferenzen. Lokale Kontraste und damit die Erkennbarkeit von Details sind gegenüber globalen Tonemapping-Verfahren wie Simplex oder Receptor deutlich verbessert.

   
  Abb. 4: Der Compressor-Dialog  

Schalter 'Vorgaben'
Setzt alle Parameter auf ihre Vorgabewerte zurück.
Tonemapping
Schalter '360 Panorama'
Ist das Bild ein 360°-Panorama (zylindrisch oder sphärisch) ist dieser Schalter zu aktivieren. Das Panorama muss in der sog. equirectangularen Projektion vorliegen. Dies ist eine in der Panoramafotografie sehr gebräuchliche Form der Projektion; für nähere Erläuterungen siehe Wikipedia oder Panorama Tools .
Schalter 'Zenith'
Hat das Panorama einen Zenith ist dieser Schalter zu aktivieren.
Schalter 'Nadir'
Hat das Panorama einen Nadir ist dieser Schalter zu aktivieren.
Schalter 'Kompression'
Regelt die Stärke der Tonwertkomprimierung. Beeinflusst eher den lokalen Kontrast.
Schalter 'Kontrast'
Bestimmt wesentlich den Kontrast des Bildes. Kleine Werte führen zu sehr weichen übergängen, hohe Werte zu starken Kontrasten. Sieht das Bild schmutzig aus oder zeigen sich ungewollte Säume (besonders empfindlich ist das Himmelsblau), ist der Wert zu hoch eingestellt. Beeinflusst eher den globalen Kontrast.
Schalter 'Glättung'
Glättung verstärkt oder schwächt den Effekt des Kontrast-Reglers.
Nachbearbeitung
Dialog Kurve
Mit den beiden vorgegebenen Punkten können Schwarzpunkt und Weisspunkt eingestellt werden. Über die Angabe weiterer Punkte kann das Tonwertspektrum mit einer Kurve individuell angepasst werden.
Regler 'Sättigung'
Hiermit kann die Farbsättigung verändert werden.


Beispiel: Nachtaufnahme

Die Eigenschaften der Tonemapping-Algorithmen verdeutlicht das folgende Beispiel. Es ist eine Nachtszene. Nachtszenen sind besonders schwierig zu handhaben, weil sie in aller Regel einen sehr hohen Dynamikumfang haben und besonders anfällig für Rauschen sind. Fast immer gibt es Bereiche die sehr dunkel sind und auch mit längerer Belichtung nicht rauschfrei abbildbar sind. Rauschen ist beim Tonemappen mit Compressor ein Problem. Compressor unterscheidet nicht zwischen verrauschten und "sauberen" Pixeln. Daher gewinnen auch verrauschte Pixel an Kontrast und werden besser sichtbar. Aus diesem Grund befasst sich das Tonemapping-Beispiel nicht nur mit dem Tonemappen an sich, sondern auch mit der Vorbereitung dazu, nämlich der Erzeugung eines rauschfreien HDR-Bildes.

HDR-Bild

   
  Abb. 5: Nachtaufnahme - Projekte  

Der Grund für das starke Rauschen in Nachtaufnahmen ist das niedrige Signal-zu-Rausch-Verhältnis bei sehr dunklen Bildbereichen wie etwa dem Nachthimmel. Auch bei langer Belichtung erreicht zu wenig Licht den Kamerasensor, es entsteht kein messbares Lichtsignal, das Grundrauschen der Kameraelektronik überwiegt. Rauschen lässt sich auf verschiedene Arten bekämpfen. Am saubersten - weil ohne Qualitätseinbussen - ist die folgende Methode. Auch dunkle Bildbereiche strahlen Licht aus, nur eben sehr wenig. Um ein ausreichend starkes Signal zu erhalten muss länger belichtet werden. Es gibt zwei Möglichkeiten beliebig lange zu belichten:

  1. Eine Einzelaufnahme mit der jeweiligen Belichtungszeit. Da viele Kameras bei der Belichtungszeit Grenzen haben ist hierzu externes Zubehör notwendig, bspw. ein elektronischer Fernauslöser.
  2. Aufkumulieren der gewünschten Belichtungszeit über eine Reihe von N gleich belichteten Bildern. Die Bilder der Serie werden mit der HDR-Methode Average gemittelt, siehe unten. Das Resultat entspricht einem Einzelbild mit N-facher Belichtungszeit. Vorteil dieser Methode: Störfaktoren wie durch das Bild fahrende Autos lassen sich durch Herausnehmen der entsprechenden Aufnahme leicht entfernen.
Für die Umsetzung dieser Methode werden drei Projekte definiert, siehe Abb. 5:
  1. "Kirchberg - HDR" ist die normale Belichtungsreihe. Das resultierende HDR-Bild ist nicht rauschfrei.
  2. "Kirchberg - Rauschreduktion" ist eine Serie mit Bildern gleicher Belichtungszeit, die zu einer Langzeitbelichtung vereinigt werden.
  3. "Kirchberg - TM" ist die Vereinigung der beiden vorhergehenden Bilder zum rauschfreien HDR-Bild.

   
  Abb. 6: Erster Teil des Projekts - das HDR-Bild  

Abb. 3 zeigt den ersten Teil der HDR-Belichtungsreihe, bestehend aus 11 Aufnahmen mit Belichtungszeiten zwischen 1/100 Sekunde und 10 Sekunden. Das resultierende HDR-Bild ist nicht rauschfrei. Längere Belichtungszeiten werden über eine zweite Belichtungsreihe realisiert, siehe Abb. 4.

   
  Abb. 7: Zweiter Teil - die Langzeitbelichtung  

Abb. 4 zeigt den zweiten Teil der HDR-Belichtungsreihe. Diese umfasst 8 Bilder, jeweils 10 Sekunden belichtet. Die 8 Bilder entsprechen einer Einzelaufnahme mit 80 Sekunden Belichtungszeit, also einer um 3 EV längeren Belichtung. Die Aufnahmen werden mit der HDR-Methode Average vereint. Zur Wichtung der Pixel wird die Wichtungskurve "Konstant" verwendet. Der resultierende Wert eines Pixels berechnet sich dabei als die Summe der Pixelwerte aus allen Bildern, geteilt durch die Anzahl der Bilder.

   
  Abb. 8: Dritter Teil - das endgültige HDR-Bild für's Tonemapping  

Abb. 5 zeigt den dritten Teil, das endgültige HDR-Bild, bestehend aus den HDR-Bildern der beiden vorhergehenden Projekte. Das HDR-Bild ist rauschfrei und wird tonegemappt.

Tonemapping

Die Abbildungen 9 und 10 zeigen die Ergebnisse der unterschiedlichen Tonemapper, angewendet auf das HDR-Bild, einmal im Überblick und in einem Detail der Bürofront. Es geht dabei darum die Unterschiede der Tonemapper zu zeigen. Um die Ergebnisse der Algorithmen vergleichbar zu machen, wird bei allen Tonemappern das hellste Objekt im Bild, der beleuchtete Käfig, auf etwa die gleiche Intensität gebracht. Alle anderen Einstellungen bleiben bei den Vorgabewerten, siehe die Abbildungen 2, 3 und 4.

   
Simplex
Receptor
Compressor
  Abb. 9: Überblick  

   
Simplex
Receptor
Compressor
  Abb. 10: Detail  

Das Resultat von Simplex ist zwar rauschfrei und es gibt auch keine überbelichteten Pixel, aber das Bild wirkt kontrastarm. Feine Details sind nicht gut zu erkennen.

Receptor erzeugt ein etwas helleres Bild. Grund hierfür ist die Kompression der Lichter und die damit verbundene Spreizung der dunklen und mittleren Tonwerte. Folge ist eine Abnahme des Kontrastes in den Lichtern: der beleuchtete Käfig wirkt hier heller, aber nicht mehr so detailliert, siehe Abb. 9. Im Gegenzug verbessert sich der Kontrast im unteren und mittleren Tonwertbereich, siehe Abb. 10.

Compressor ergibt ein ausgewogenes Ergebnis. Alle Bereiche des Bildes sind ausreichend hell. Sogar Details im Radkasten des Autos im Vordergrund (Abb. 9) und die Bäume hinter dem beleuchteten Käfig (Abb. 10 links) sind klar erkennbar. Dennoch sind in allen Tonwertbereichen auch feine Details sehr gut zu erkennen. Insgesamt wirkt das Ergebnis sehr natürlich.


  1. Dieses Modul ist nicht in der Basic-Version der Software enthalten.